Die Nachwehen des Echo
Es ist
über 20 Jahre her, als sich meine Familie aus dem polnischen Tychy auf
den Weg nach Deutschland gemacht hat, um hier ein neues Leben
anzufangen. Seit dieser Zeit begegnet mir das Thema Fremdenfeindlichkeit
nahezu jeden Tag in allen erdenklichen Facetten. Nun ist es soweit,
dass meine Band und somit auch ich mitten in einer rechten Diskussion
gelandet sind, aber zu meinem Entsetzen auf der falschen Seite und das trotz unserer klaren Statements und Songs wie "Fremd".
- Frei.Wild sind für den Echo nominiert - Frei.Wild sind rechts - Bands sagen ab - Freiwild werden vom Echo ausgeschlossen -
Hämatom ist beim gleichen Label - Hämatom ist eine rechte Band -
Die Spirale der Unwissenheit dreht sich immer weiter, ohne dass man
sich die Mühe macht, die Geschichte hinter den Schlagzeilen und den
großen Worten zu erfahren. Aus diesem Grund sehen auch wir uns
gezwungen, unsere Meinung zu diesem Thema zu äußern und in diesem Fall
übernehme ich das - stellvertretend für die Band.
Wegen meiner
Herkunft musste ich mich von Anfang an gegen dumme Vorurteile wehren
und mich mit fremdenfeindlichen Gesinnungen auseinandersetzen. Somit war
meine Position klar und ich kämpfte mit aller Kraft gegen
rechtsradikale Dummheit und Intoleranz. Früher wäre ich bestimmt nicht
Philipps Freund geworden, aber die Zeiten ändern sich.
Philipp hat
aus der Vergangenheit gelernt: Er äußert sich unermüdlich dazu, dass es
ein Fehler war in diese Kreise abzudriften. Die Band unterstützt
Projekte gegen Rechts, versucht mit strengen Einlasskontrollen, die
falschen Leute von Ihren Konzerten weg zu halten und bezieht in
zahlreichen Songs ganz klar Stellung gegen Extremismus.
Doch es ist
egal WAS sie machen und sagen, die Medien haben sich ihre Meinung
gebildet und schütten sie über das Volk. Jeder Versuch der Jungs, etwas
gegen die braune Gefahr zu unternehmen, wird nicht akzeptiert und für
verlogen erklärt.
Aber was sollen sie denn sonst tun?
Ihr ganzes
Leben lang mit gesenktem Haupt herumlaufen, weil ihr Sänger mit 16
Jahren Scheiße gebaut hat? Oder ist es nicht besser, sich diesem Thema
an zu nehmen und zu versuchen etwas dagegen zu unternehmen? Ich bin
eindeutig für die zweite Option und ziehe erstmal meinen Hut davor, dass
man erkennt, welchen Schwachsinn man früher verzapft hat - man sich
ändert und sich diesem Problem stellt.
Weder Kraftklub,
noch die Echoveranstalter können doch ernsthaft behaupten, auch nur
einen kleinen Baustein zur Lösung der rechten Gefahr beigetragen zu
haben. Sollte es in der Fanschar von Frei.Wild Leute geben, die drohen
in die rechte Richtung abzugleiten - dann hören sie ganz bestimmt nicht
Mia und Co. zu, sondern - wenn überhaupt - dann Philipp, der ihnen
unmissverständlich und aus eigener Erfahrung sagt, dass dieser Weg der
absolut FALSCHE ist.
Ja, man muss sich dem rechten Gedankengut in
den Weg stellen, Tag für Tag mit sinnvollen Projekten. Aber es gibt mit
Sicherheit klügere Ansätze als die über 100.000 Frei.Wild Fans als Nazis
zu beschimpfen, sie auszuschließen und hinter verschlossenen Türen bei
einer Flasche Champagner den Echo zu feiern, um sich dabei noch auf die
Schulter zu klopfen wie moralisch unfehlbar man ist. Eines kann ich Euch
dazu aus eigener Erfahrung sagen, dieser Aktionismus wird keinen
"Rechten" bekehren - im Gegenteil. Ein gemeinsames Projekt, ein
gemeinsamer Song, ein vernünftiges Gespräch. Das wären die richtigen
Ansätze gewesen. Klar, klingt naiv, doch das Problem ist leider viel zu
wichtig, um es auf so eine banale Art und Weise abzuhandeln.
JA, wir haben einen Song mit Philipp Burger gemacht und JA, wir sind
beim gleichen Label und dies sind wir nur aus einem guten Grund: Wir
wissen zu 100%, dass an den rechten Vorwürfen nichts dran ist. Wir
kennen jeden der Beteiligten persönlich, eine Multi-Kulti-Truppe mit
Wurzeln in aller Welt und keinerlei rechten Vorurteilen. Wäre es anders,
wäre eine Zusammenarbeit für uns unvorstellbar.
Dass
Frei.Wild Südtirol schön findet, kann doch nicht ernsthaft als Beweis
für alle Kritiker herhalten, Frei.Wild, ihre Plattenfirma und alle
anderen Bands des Labels als rechtsradikal zu betiteln. Ich sehe mich
als Europäer und bin sehr froh darüber, dass ich jetzt hier lebe,
genauso froh bin ich aber über meine polnischen Wurzeln. Man darf die
Fahne egal welchen Landes nicht den Extremisten überlassen, sondern muss
sie mit Respekt und Toleranz anderen Menschen gegenüber in der Mitte
der Gesellschaft schwenken. Denn schon einmal haben die "Braunen" das
Nationalgefühl für sich missbraucht und damit unfassbares Leid über die
Welt gebracht.
Ost und HÄMATOM