Burger: Also, das eine haben Sie ja gestern selber geschrieben, egal wie Sie das jetzt formuliert haben: Dieser Beigeschmack, wir hätten ja gegen die Gutmenschen und die Moralapostel irgendwas zelebriert. Allein schon das ist Schwachsinn! Und solche Sachen sind dafür verantwortlich, genau diese von ihnen vollzogene Schreibweise, darum geht es doch. Dass man hergeht und bei unseren Fans anprangert, sie würden sich immer aus der Defensive rechtfertigen. Na klar: Wenn etwas nicht stimmt, dann nimmt man es auch nicht hin. Und ja, dann will man sein Recht wahrnehmen Dinge richtig zu stellen. Ganz klar.
MOPO: Das ist doch Ihr Lied, „Ich scheiß auf Gutmenschen und Moralapostel“.
Burger: Wie gesagt, das haben wir live noch nicht einmal gespielt. Wäre aber auch egal, so wie Ihr Text geschrieben wurde, kommt das nun mal so rüber. Das hat doch nichts mehr mit normalem Qualitätsjournalismus zu tun.
MOPO: Wenn jemand in seinen Texten schreibt „Sturm brich los“ hat das für mich auch nichts mit Lyrik zu tun.
Burger: Jaaa klar. Als ob jeder ganz genau wusste, dass das von dieser Scheiß-Goebbelsrede kommt. Kein Mensch wusste das. Ich wette Sie auch nicht! Genauso wenig wie Sie und ich wussten, dass dieses Zitat bereits in der Bibel und einem Dichterwerk von Anno 18 hundert irgendwas vorkommt. Also schon lange vorher.
MOPO: Kann man googlen. Dann fällt’s auf. Was uns wundert: Auf Facebook äußern sich Ihre Fans à la „Der Autor kann bestimmt nicht mehr auf die Straße gehen und muss auf seine Zähne aufpassen“. Wenn man Sie kritisiert, reagieren Ihre Fans mit Gewaltandrohungen.
Burger: Das ist ein Irrglaube, dass das so ist. Mit unserem Facebook-Team löschen wir rigoros alles, was solche und ähnliche Inhalte übermittelt. Und dennoch, irgendwo liegt die Verantwortung für jeden Fan oder Post dennoch nicht bei uns. Wie gesagt, das sind nicht wir, nicht unsere Posts und in der Tat auch oft nicht unsere Fans. Lustig finde ich, dass ein solcher Post unter 500 weiteren zu reichen scheint, gleich all unsere Fans über einen Kamm zu scheren.
MOPO: Haben wir auch nicht. Haben Sie die MOPO gelesen? Da ist auch eine Fan-Befragung neben der Kritik. Beide Seiten werden beleuchtet.
Burger: Da muss ich mich entschuldigen. Das wusste ich nicht, schicken Sie mir das gerne zu.
MOPO: Sehen Sie sich als Opfer der Presse?
Burger: Überhaupt nicht. Das wollen Sie jetzt sicher hören. Aber ganz im Gegenteil. Ich möchte einfach nur verstehen, wie Menschen ticken, die einen derartigen Blödsinn schreiben.
MOPO: Haben Sie es verstanden?
Burger: Nein, auch bleibe ich dabei, dass es alles andere als fair ist, wenn ein Journalist seine eigene Ansicht und seine Antipathie so dermaßen mit einfließen lässt. Aber wie gesagt, wir sind da bereits einiges gewohnt. Ich glaube grundsätzlich an das Gute im Menschen. Auch bin ich der letzte, der die Tür für immer zuschlägt, der sagt, das war es jetzt, wir lassen euch nicht mehr rein. Es kommen immer weitere Chancen und ich denke in der Tat, dass sich alles zum Positiven drehen kann.
MOPO: Wir waren gestern auch sehr davon irritiert, wie sie Radio Hamburg in Ihrer Konzert-Ansage niedergemacht haben und dann das ganze Publikum gepfiffen und gebuht hat und sie es sogar dazu aufgefordert haben.
Burger: Die Geschichte mit Radio Hamburg wäre in der Tat nicht weiter schlimm gewesen. Nur leider war es alles andere als fair, was aus diesem Gespräch mit gleich drei Moderatoren etwa 20 Minuten vor Ausstrahlung gemacht wurde. Zum einen hat sich einer der Moderatoren bereits vorher schon auf Facebook über seinen Privat-Kanal negativ über unsere Band ausgelassen. Zum zweiten wurden viele interessante Antworten einfach nicht ausgestrahlt und drittens, eine Moderatorin sagt noch gegen 16 Uhr in ihrer Sendung, „Ich kann all die Leute, die zum Frei.Wild Konzert gehen nicht verstehen, mich würden da keine zehn Pferde auf das Konzert bringen“. Leute, das ist Meinungsmache, das ist einen negativen Protest unsererseits auf alle Fälle wert
MOPO: Die Reaktion des Publikums gegen unsere Kollegen wurde dann ja von ihnen angestachelt.
Burger: Ja klar und wenn Sie zugehört hätten, dann hat es auch perfekt zum nächsten Song gepasst. Das Lied heißt, „Halt deine Schnauze“ …
MOPO: …Na, aber das passt ja perfekt….
Burger: Ja, genau, passt es auch. Nur hat aber auch das mit diesem tollen Konzert grundsätzlich rein gar nichts zu tun. Ich fand die Aktion von Radio Hamburg einfach nicht ok. Aber wie gesagt, es gibt weitaus Schlimmeres. Glauben Sie mir, ich habe in meinem Leben noch nicht einmal aufgrund einer Kritik bei einer Zeitung angerufen. Doch dieses mal fand ich den Artikel so dermaßen … Wie soll man es sagen? Ich fand es einfach wichtig, mit der jeweiligen Person, die das geschrieben hat, zu sprechen …
MOPO: Mal eine ganz naive Frage: Sie betonen immer, dass Sie nicht rechts und nicht nationalistisch eingestellt sind. Es wäre aber doch nicht schwer, Lieder zu schreiben, in denen da keine Zweifel aufkommen.
Burger: Klären Sie mich auf, wie sollte das gehen? Das große Problem ist doch eines: Leute, die ganz links stehen, haben ein Problem mit unserer konservativen Welthaltung und verstehen einfach nicht, dass wir so aufgewachsen sind und auch genau darüber einige Texte haben. Auch scheint es in den Augen der Linken ein Riesenproblem dar zu stellen, dass wir eben beide Extremismen, egal ob von links oder von rechts, einfach zum Kotzen finden. Wir finden Gewalt und Fanatismus grundsätzlich Scheiße, aber neben rechter gibt es eben auch linke Gewalt und genau damit haben viele unserer Kritiker ein Problem. Schauen Sie, in vielen Köpfen scheinen konservative Weltanschauungen, auch was den Glauben angeht, einfach einen rechten Beigeschmack zu haben. Und so lange das so ist, wird die Kritik gegen uns auch nicht verstummen.
MOPO: Das passiert erst dann, wenn Sie gleichzeitig andere Werte herabwürdigen
Burger: Wer macht das denn? Auch das ist eine Unterstellung, stimmt also überhaupt nicht, in welchem Text soll das passiert sein?
MOPO: … „In der Hölle sollen Deine Feinde schmoren“ – in dem Moment, wo Sie sowas singen, da kriegen Sie Probleme.
Burger: Darum geht es aber nicht. Das Problem besteht auch darin, dass die Deutschen nur ihr eigenen und die Geschichte Südtirols überhaupt nicht kennen. Man erwartet immer von allen, dass jeder die deutsche Geschichte Deutschlands von A-Z in Perfektion kennt. Aber die Geschichte der anderen Länder scheint hingegen weniger wichtig zu sein. Und genau daher kommt auch die Unterstellung mit dieser Textintegration von dieser Goebbelsrede, dass das aber wie gesagt bereits in der Bibel steht und Südtirol eine sehr komplexe Historie hat, bei der der Patriotismus dafür verantwortlich war, dass wir überhaupt so leben können, wissen nur die wenigsten, autonom, friedlich und auch mit deutscher Sprache.
MOPO: Aber Herr Burger, Faschisten gibt’s überall, die gibt’s auch in Belgien. Die Vorwürfe gegen Ihre Geisteshaltung haben nichts mit Südtirol zu tun. Und bei allem Respekt vor den Nöten Südtirols: Texte wie „Kurz gesagt, ich dulde keine Kritik an diesem heiligen Land, dass unsre Heimat ist“ - meinen Sie wirklich, bei solchen Texten kriegen nur Linksextremisten das Kotzen?
Burger: Nein, das habe ich auch gar nicht behauptet. Sie kennen das in Hamburg sicher nicht so. Aber wir sind unseren Gefilden mit Volksmusik und Heimabewusstsein aufgewachsen, ohne dabei Menschen auszugrenzen und natürlich hat diese Musik auch unser Leben mit begleitet und geprägt.
MOPO: Aber in der Volksmusik kennen wir wenige Lieder, in denen die Gegner aufgefordert werden, in der Hölle zu schmoren…
Burger: Nun, wir sind eine Rockband, spielen halt auch keine Volksmusik und da gehört Provokation auch mit dazu. Man geht Volksmusikanten auch nicht so dermaßen auf den Keks wie uns, oder?
MOPO: Aber da sind wir wieder am Anfang. Warum sollen alle Kritiker Ihrer Band in der Hölle schmoren?
Burger: Hier sind die Autononiefeinde Südtirol gemeint und wer den Text und unsere Interviews kennt, weiß das auch. Kennen Sie eigentlich klassische englischsprachige Punk-Musik? Etwas Härte und Direktheit gehört nun mal dazu.
MOPO: Doch, aber im Punk haben wir das so noch nie gehört
Burger: Ach nein? Kommt da ein "Fickt Euch“ oder Ähnliches nie vor?
MOPO: Doch, aber üblicherweise geht’s dort in den Texten nicht permanent gegen kritische Journalisten.