Ich möchte noch einen Gedanken loswerden, und zwar in Form eines offenen Briefes an Herrn Speit, "Rechtsextremismusexperte".
Sehr geehrter Herr Speit,
in dem vom ZDF und seinen Ablegern verbreiteten Beitrag "Frei, laut und national?" äußern Sie sich zu den Zeilen des Liedes "Wahre Werte" in einer Form, die aus meiner Sicht weder schlüssig noch zulässig ist.
Ab Minute 5:40 wird folgendes gesagt:
ZitatFreiwild singt in "Wahre Werte": "Sprache, Brauchtum und Glaube sind Werte der Heimat. Ohne sie gehn wir unter, stirbt unser kleines Volk". (Daraufhin mit Unterschrift Andreas Speit, Rechtsextremismusexperte) "Die Traditionen, die Bräuche, sollten sich bloß nicht mit anderen Kulturen, wie's dann heißt, vermengen und vermischen und das ist eine harte Absage an eine offene, heterogene, moderne Gesellschaft, die hier sozusagen präsentiert wird, vermeintlich unpolitisch. Und wenn dann mittendrin im Text noch erwähnt wird, "wer die Heimat nicht mag, soll sie doch verlassen" (Einspielung der Zeilen von Freiwild, wo nicht das Wort "mögen", sondern "sich schämen" verwendet wird - ist aus meiner Sicht ein großer Unterschied, Herr Speit!) "Dieser Satz erinnert mich leider an eine gängige Parole, die ich regelmäßig bei Neonazi-Aufmärschen höre, wenn sie auf Gegendemonstranten treffen, gröhlen sie immer wieder: 'Wer Deutschland hasst, soll Deutschland verlassen'".
Herr Speit, ich entgegne Ihnen dazu folgendes, als Vergleich.
Die Keimzelle der Gesellschaft ist die Familie, und die Keimzelle der Familie ist eine Beziehung. Sind wir uns soweit einig?
Ich bin mit einer katholisch gläubigen Frau verheiratet. Ich selbst bin Atheist. Natürlich darf und soll sie in unserer Ehe ihren Glauben leben dürfen, natürlich darf und soll sie in unserer Beziehung die katholischen Bräuche praktizieren dürfen. Natürlich darf und soll sie zur Osternacht in die Kirche gehen, wenn sie möchte. Und natürlich darf und soll ich mitgehen, wenn ich möchte - oder auch nicht.
Diese respektvolle Basis, diese grundgesetzkonforme Freiheit, die wir uns gegenseitig lassen, ist einer der Gründe dafür, dass diese Ehe nun schon in ihrem 18. Jahr steht. Wenn wir uns gegenseitig nicht unsere Sprache, unseren Brauchtum, und unsere Weltanschauung lassen würden, wäre die Ehe schon lang kaputt gegangen. Vermischung, so wie Sie es beschreiben, wäre eine zwanghafte gegenseitige Übernahme der gegenseitigen Kulturen. Dann hätten wir beide sehr schnell die Heimat unserer Ehe verlassen.
Genau so und nicht anders verstehe ich den Text von Freiwild: Gegenseitige Achtung und gegenseitigen Respekt, das Zulassen des gegenseitigen Andersseins, keine Unterdrückung (so wie Südtirol sie viele Jahre lang erlebt hat, was glauben Sie eigentlich aus Ihrer bequemen deutschen Warte, wie sich die Menschen dort gefühlt haben, als in Bozen ständig schwerbewaffnete Carabinieri durch die Straßen gingen und als es verboten war, in der Öffentlichkeit Deutsch zu sprechen?).
Ihrer Interpretation des Textes kann und werde ich niemals folgen. Wenn Sie nun meine Ehe als nicht modern bezeichnen möchten, in Ordnung. Dann sind wir halt altmodisch und fühlen uns gut dabei. Und Sie können weiterhin die Betroffenheitsmiene aufsetzen, die ich sonst nur vom Moderator von Akte 20xx auf Sat 1 kenne.
In diesem Sinne verabschiede ich mich
Mit freundlichen Grüßen