So ich muss hier von einem Telefonat berichten, das ich mit einer Redakteurin einer Tageszeitung führte, deren Blatt einen dpa-Artikel abgedruckt hat.
In diesem Telefonat habe ich kritisiert (offensichtlich ist das ganz schlimm, wenn man Journalisten kritisiert), dass mit dem Thema kritisch, aber bitte differenzierter umgegangen werden muss. Ich habe dazu erwähnt, dass z.B. in "Wahre Werte" auf Rechte von Minderheiten eingegangen wird, die vom Grundgesetz geschützt werden. Dabei habe ich dann Südtirol erwähnt, und dass ich davon ausgehe, dass die italienische Verfassung dies ähnlich sieht wie das Grundgesetz.
Antwort: "Also wollen Sie damit sagen, dass Rechtsextreme als Minderheiten geschützt werden sollen?"
Daraufhin habe ich mit einem deutlichen Nein geantwortet, und dass es mir um Minderheiten wie die Sorben, die dänische Minderheit, die Friesen (ich wusste, bevor ich mich jetzt damit befasst habe, gar nicht, dass Friesen eine Minderheit in Deutschland sind - Freiwild bildet ) geht. Ungläubiges "Aha" am anderen Ende der Leitung.
Die Dame hat mir dann noch unterstellt, dass ich nicht in der Mitte der politischen Gesellschaft stehen würde. Ich habe auf diese Unverschämtheit dennoch ruhig reagiert.
Sie hat dann argumentiert, dass über Freiwild viel in der Presse stehen würde. Daraufhin hab ich ihr gesagt, dass ich mir mein eigenes Bild mache und mich mit den Texten auseinandergesetzt habe, da einiges nicht gut finde (z.B. den Text von "Rache muss sein"). Das hat sie zum Anlass genommen, zu sagen, dass man dann doch solche Bands nicht unterstützen dürfe. Ich habe dann geantwortet, dass ich dann auch etwas gegen die Ärzte ("Schunder-Song") oder die Toten Hosen ("Hier kommt Alex") haben müsste. Aber diese Texte, in denen es um Gewalt geht, sind anscheinend etwas ganz anderes, auch wenn da deutlich "Mitten in die Fresse" rein gesungen wird, und als Rechtfertigung fürs Zuschlagen "Gewalt erzeugt Gegengewalt" erwähnt wird. Naja, ok.
Ich habe ihr dann angeboten, dass sie sich den Text von "Wahre Werte" im Internet anschaut. Das hat sie strikt abgelehnt. Sie kennt keine Texte von Freiwild und will auch keine Texte von Freiwild kennen. Aber eine Meinung zu den Texten, die hat sie.
Am Ende des Telefonates ging es dann darum, dass die Art der Berichterstattung dazu führen würde, dass die nächste CD von Freiwild wieder ganz oben in den Charts stehen würde. Sie hat gemeint, dass ich der Meinung wäre, dass man am besten gar nicht über Freiwild berichten sollte. Die nächste Unterstellung also. Meine Antwort: "Wenn man über etwas berichtet, dann differenziert."
Das ist aus meiner Sicht auch eine Form der Meinungsbildung - Journalisten scheinen sich also so wie viele andere Menschen auch gerne die Meinung von anderen zu bilden, anstelle selbst mal nachzuschauen, was hinter der Story steckt.
Dann hat sie sich ziemlich schnell verabschiedet. Ich habe den Eindruck, dass sie mich gleich, als ich gesagt habe, dass ich Freiwild höre, in eine Schublade reingesteckt hat. Nicht die Art und Weise, wie man behandelt werden möchte, aber ok, sie hat im Endeffekt auch keinen besonders guten Eindruck auf mich hinterlassen.
Journalisten sind dazu da, um ein Thema aus allen Perspektiven zu beleuchten und sich daraus ihr eigenes Bild zu ermitteln. Wenn sie einfach so das glauben, was andere Journalisten schreiben, dann kopieren sie schon in ihren Köpfen einfach nur die Meinung anderer.
Fazit des Gesprächs: So viel Schwarz-Weiß-Denken, so viele Vorurteile wie am anderen Ende der Leitung habe ich in meinem Leben selten erlebt. Bezüglich Journalismus sehe ich nun klarer als vorher. Ab sofort zeichne ich Gespräche, die ich mit Journalisten führe, auf.